Agile Techniken für das Selbstmanagement

Planungstechniken im Selbstmanagement sollten einfach und übersichtlich sein. Für die meisten Aufgaben und Vorhaben reichen Aufgabenlisten und Kalender vollkommen aus. Viele Vorhaben überschneiden sich aber mit Projektmanagement. Wie lassen sich agile Methoden einsetzen, um Projekte im Selbstmanagement voranzubringen?
“Keep it simple” ist nach wie vor die beste Herangehensweise an Planung im Selbstmanagement. Die Planung von Aufgaben sollte so einfach und übersichtlich wie möglich sein. Wer möchte schon seine Tage mit einerm komplexen Projektmanagement planen? Der Aufwand und die Einarbeitungszeit ist viel zu hoch für den tatsächlichen Nutzen. Einfache digitale Tools wie der Google Kalender, Wunderlist oder Todoist reichen in der Regel vollkommen aus, um eine Tagesplanung zu gestalten, einen Überblick zu Standardaufgaben zu erhalten oder auch längerfristige Vorhaben voranzubringen.
Bei größeren und komplexeren Projekten gibt es aber Überschneidungen mit dem Projektmanagement. Wenn Sie einen Umzug planen, ein Haus renovieren, eine Veranstaltung planen oder ein Buch veröffentlichen wollen, haben Sie es mit recht komplexen Projekten zu tun, in denen eine einfache Aufgabenliste und ein Kalender zu limitiert sein kann. Es fehlt eine Strukturierung von Abläufen, ein Überblick dazu, welche Aufgaben ineinandergreifen und macht die Stärke von Projektmanagement aus. Techniken des Projektmanagements ist darauf ausgerichtet, komplexe Vorhaben voranzubringen und in Teams zu bearbeiten, die Planung ist zwar aufwendiger, dafür können Sie Abläufe und Zeitpläne detaillierter gestalten, was bei größeren Projektn sinnvoll ist.
Im Selbstmanagement sollte Techniken des Projektmanagements möglichst einfach und intuitiv eingesetzt werden. Sie brauchen für Alltagsprojekte keine komplexe Projektplanung und schon gar keine komplizierte Software mit steiler Lernkurve – und hier kommen agile Methoden des Projektmanagements ins Spiel.
How to slice the Elephant
Agiles Projektmanagement hat sich in Abgrenzung zu klassischen Projektmanagement-Techniken entwickelt. Der Vorwurf an das klassische Projektmanagement sah grob gesagt so aus: Projektmanagemetn fokussiert zu stark auf Planung und ist zu unflexibel. Klassisches Projektmanagement ist in der Tat darauf asgerichtet, langfristige Pläne zu entwickeln und dann ein Projekt umzusetzen. In der Praxis funktioniert so etwas häufig nicht oder Sie planen an den konkreten Anforderungen vorbei. Das soll hier keine billige Polemik gegen Projektmanagement sien, um es gleich zu sagen: Beide Ansätze haben ihre Berechtigung. Klassisches Projektmanagement funktioniert sehr gut, wenn es stabile Rahmenbedingungen und Anforderungen gibt, während agile Techniken in chaotischen Prozessen besser funktionieren, in denen Ziele und Anforderungen zu Beginn nicht klar sind.
Der Anwendungsfall für klassisches Projektmanagement sind Bauprojekte. Sie definieren ein festes Ziel: Ein Haus soll mit bestimmten Eigenschaften gebaut werden. Die Aufgabe des Projektmanagement liegt nun darin, die einzelnen Schritte zu planen, Kosten gering zu halten und das Projekt am Laufen zu halten, wenn es Abweichungen gibt. Sie haben also ein Projekt mit einer langen Laufzeit, das aus extrem standardisierten Schritten besteht. Der typische Anwendungsfall für agiles Projektmanagement ist dagagen die Entwicklung einer Software. Hier ist zu Beginn das Ziel nicht eindeutig beschreibbar und die einzelnen Schritte lassen sich auch nicht über einen längeren Zeitraum planen. In der Entwicklung muss das Feedback von potentiellen Kunden eingebracht werden, die Eigenschaften einer App können sich weiterentwickeln und davon abweichen, was zu Beginn als Ziel anvisiert wurde.
Das bedeutet, agile Methoden müssen kleinschrittiger vorgehen und in der Planung und Durchführung von Projekten stärker Feedbackschleifen berücksichtigen. Diese Unterschiede zwischen klassischen und agilen Projektmanagement werden gerne in einem Dreieck aus Zielen, Zeit und Ressourcen dargestellt. Im klassischen Projektmanagement wird ein festes Ziel verfolgt und Zeitplanung und Ressourcen werden angepasst. Man denke an das klassische Bauvorhaben – vor allem in Köln!
Beim agilen Projektmanagement sieht das anders aus. Hier sind Zeitrahmen und Ressourcen festgelegt und es wird ein flexibles Ziel verfolgt. Diese Vorgehen passt gut zu einem Vorgehen eines Startups. Das Startup möchte eine Software entwickeln, zu der es am Anfang eine vage Idee gibt. Die Ressourcen und die Zeit dafür ist aber beschränkt. Andere Beispiele wären ein Buch schreiben oder eine Veranstaltung planen. Am Anfang gibt es vielleicht nur eine Idee zu einem Thema der Veranstaltung, es gibt aber einen festen Kostenrahmen und es ist klar, wann die Veranstaltung stattfinden soll. Die konkrete Zielsetzung der Tagung wird im Laufe der Umsetzung deutlicher.
Klassisches Projektmanagement führt häufig zu komplexen Plänen, die über mehrere Monate verfolgt werden und die eine komplexe Planung von Vorgängen und Aufgaben nach sich ziehen. Klassisches Projektmanagement hat seine Berechtigung, wenn sich Zeiträume und Aufwände gut einschätzen lassen.
Das ist aber häufig nicht der Fall und hier setzten agile Techniken einen anderen Schwerpunkt. Im Agilen Manifest, in dem die Prinzipien des agilen Projektmanagements beschrieben wurden, geht es vor allem um die Kollaboration und Zusammenarbeit von Teams. Die Zielplanung im agilen PM geht davon aus, dass sich Projekte einfacher in kurzen Zeitzyklen planen lassen. Diese Idee stammt aus der Softwareentwicklung. Anstatt einen langfristigen Plan umzusetzen ist es sinnvoller, konkrete erreichbare Ziele anzugehen und diese im Team zu verfolgen.
Eine typische Umsetzung agiler Methodik ist Scrum, eine Methode, die in der Softwareentwicklung zum ersten Mal eingesetzt wurden, inzwischen aber in vielen Bereichen Anwendung findet. Die Scrum-Methodik legt zunächst verschiedene Rollen für ein Projekt fest. Der Project-Owner ist verantwortlich für das Ergebnis des Projekts. Dieser Besitzer ist verantwortlich für den sogenannten Backlog, das ist eine Liste mit allen Anforderungen an das Projekt und alle Aufgaben, die bearbeitet werden müssen. Der Scrum-Master hat die Aufgabe, die Zusammenarbeit im Team zu gewährleisten, er ist verantwortlich für Meetings und die konkrete Abwicklung des Projekts. Die Team-Mitglieder sind die Ausführenden des Projekts und an der Projektplanung beteiligt. Scrum versteht die verschiedenen Rollen nicht hierarchisch, sondern alle Mitglieder sind Team-Player, die an dem Projekt mitwirken. Das heißt auch, dass anders als beim klassischen Projektmanagement die Team-Mitglieder bei der Einschätzung von Aufwand einbezogen werden.
Die Projektplanung in Scrum geschieht nun in Zyklen, sogenannten Sprints. Ein Sprint dauert 2 bis 4 Wochen. Für diese Zeit wird ein Ziel definiert, indem Anforderungen aus dem Backlog umgesetzt werden. In der Sprintplanung wird definiert, welche konkreten Schritte in den nächsten Wochen umgesetzt werden. Das Ziel ist dabei, ein konkretes Ergebnis zu erzielen, einen Pototyp eines Produkts zu entwickeln, der dann weiterentwickelt wird. Am Ende eines Sprints gibt es einen Rückblick, das Team berät darüber, wie es effizienter zusammenarbeiten kann. Das Teilproduk wird getestet und der Product-Owner gibt Feedback zum Prototypen. Dieses Feedback-Schleifen sind wichtig, dadurch werden weitere Anforderungen, Verbesserungsideen und neue Anforderungen in den Backlog übernommen und die Sprintplanung beginnt von Neuem. Auf diese Weise können verschiedene Anforderungen und neue Ideen sehr früh in die Produktentwicklung eingehen.
How to Scrum your Self-Management
Die Idee des agilen Projektmanagements kommt erkennbar aus der Softwareentwicklung, die Methodik, vor allem wie sie in Scrum beschrieben wurde, lässt sich aber auch auf andere Bereiche übertragen. Auch im Selbstmanagement gibt es längere Projekte, die sich schwer abschätzen lassen, und bei der eine schrittweise, schlanke Planung sinnvoll ist. Wenn Sie ein Buch oder eine Abschlussarbeit schreiben, bei der Renovierung eines Hauses oder der Planung einer Firmenfeier können Sie von der Scrum-Methodik profitieren. Genauso lässt sich für Selbständige die Produktentwicklung oder die Entwicklung eines Geschäftsmodells einfacher mit agilen Methoden planen. Anstatt einen großen komplexen Plan aufzustellen, gehen Sie das Thema in einzelnen Schritten an, holen sich Feedback und entwickeln Ihr Produkt oder Geschäftsmodell weiter.
Wie sieht das konkret aus für das Selbstmanagement? Viele Techniken des agilen Projektmanagements zielen darauf, den Kommunikationsfluss zu verbessern und die Zusammenarbeit im Team zu erleichtern. Wenn Sie alleine ein Projekt bearbeiten, das komplex ist, dann fallen diese Punkte weg. Scrum im Selbstmanagement besteht dann aus folgenden Schritten.
- Erstellen Sie einen Projekt-Backlog. Ein Backlog ist einfach eine Liste mit Aufgaben und Vorhaben in einem Projekt. Diese Liste sollte nicht statisch sein und entwickelt sich weiter. Sie können im Backlog Aufgaben, Ziele, Zwischenziele oder Anforderungen an das Projekt einpflegen. Ein Backlog muss Prioritäten haben, das heißt, Sie müssen entscheiden, was am wichtigsten ist. Dieser Schritt ist wichtig, um die Sprints planen zu können. Diese Liste lässt sich in klassischen Taskmanagern oder in einfachen Projektmanagement-Tools, wie Asana oder Trello erstellen. Sie sind hier der Project-Owner und verantwortlich für die Pflege des Backlogs.
- Planen Sie Sprints und Zwischenziele. Aus dem Backlog erstellen Sie einen Sprint. Das ist ein konkretes Ziel, das Sie erreichen möchten, in einem festgelegten Zeitraum. Dieser Zeitraum sollte überschaubar sein, in der Regel sollte er zwischen 2 bis 4 Wochen liegen. Sprintplanung bedeutet, Sie definieren alle Aufgaben oder Ziele, die Sie in Ihrem Sprint erledigen möchten. Schätzen Sie ungefähr den Aufwand ein. Am Ende des Sprints sollte ein konkretes Ergebnis stehen. Auch hier muss die klassische Systematik anpassen: Ein konkretes Ergebnis kann entweder ein Prototyp oder ein konkret beschreibbares Zwischenergebnis sein.
- Feedbackschleife. Das ist wichtig, wenn Sie Scrum alleine einsetzen. Klassischerweise gibt der Project-Owner ein Feedbacl ins Team, wenn Sie mehere rollen übernehmen sollten Sie sich regelmäßig Feedback einholen. Wenn Sie keine Gruppe haben, die Ihnen Feedback geben kann, dann müssen Sie sich vielleicht auch Feedback selbst geben. Was haben Sie erreicht? Was lässt sich verbessern, was muss vielleicht als nächstes Geschehen. Das Feedback wird in den Backlog eingepflegt. Das heißt: Sie formulieren die Aufgaben oder weitere Zwischenziele, die sich in der Bearbeitung neu ergeben haben und geben diesen Aufgaben oder Zielen Prioritäten.
- Visualisierung des Fortschritts. Visualisierungen helfen dabei, einen Sprint auch durchzuziehen. Ich arbeite sehr gerne mit Kanban oder einer Burndorn-Chart. Bei Kanban visualisieren Sie die Schritte, die gemacht werden müssen und was konkret passiert. Mit Trello und anderen schlanken Projektmanagement-Tools können Sie ein Kanban-Board aufsetzen. Die Burndown-Chart ist eine Visualisierung, bei der Sie Aufwand gegen Zeit grafisch darstellen. Auf einer Achse stellen Sie den Aufwand des Sprints dar. Das sind einfach die Aufgaben, die erledigt werden müssen, oder Sie vergeben Aufwandspunkte, um die Schätzung genauer zu gestalten. Die andere Achse ist die Zeit des Sprints. Mit dieser Darstellung bekommen Sie eine Visualisierung, mit der Sie sehr schnell den Ablauf des aktuellen Sprints in den Blick bekommen.

Ein persönliches Kanban-Board an einem Kühlschrank. Kanban kann zur Visualisierung im Selbstmanagement eingesetzt werden.

Burndown Visualisierung eines 12tägigen Sprints.
Scrum und agile Methoden sind auch im Selbstmanagement sinnvoll und lassen sich auch in Projekten einsetzen, die nichts mit Softwareentwicklung zu tun haben. Ich setzte agile Methoden vor allem für größere Vorhaben ein, bei denen es eine größere Unsicherheit gibt und viele Informationen im Laufe des Projektes einfließen. Der Vorteil ist: Sie behalten alle relevanten Schritte im Blick mit dem Backlog, planen aber in kurzen Zeitabschnitten und vermeiden so Chaos oder eine große Planung, die nicht zielführend ist.