Der Mythos der Vielbeschäftigung

Der Mythos der Vielbeschäftigung

Wer hat nicht viel zu tun und wer ist nicht insgeheim oder offen stolz darauf? Vielbeschäftigung gilt als Zeichen für Produktivität. Bei einem zweiten Blick ist Vielbeschäftigung eher ein Mythos, der viel über unsere Arbeitskultur sagt.

Wer kennt nicht die Zeitgenossen, die ständig etwas zu tun haben und vor vielen Projekten zu nichts mehr kommen? In den USA ist “busyness” bereits zu einer eigenen Kategorie geworden. Wer einfach viel zu tun hat und ständig mit seiner Arbeit beschäftigt ist, ist wichtig und produktiv. Auf 10 Hochzeiten unterwegs und in vielen Projekten und dann noch wichtig kommt man zu nichts mehr.

Ich kenne mich selbst in der Pose der Vielbeschäftigung. Man fühlt sich belebt, ist jeden Augenblick mit Aktivitäten voll und viele Beschäftigungen können belebend wirken. Der Krisenmodus in einem kritischen Projekt ist zwar aufreibend, aber natürlich auch eine Phase hoher Intensität. Und das gibt mir etwas. Nur hat die permanente Überbeschäftigung ihre klaren Nachteile. Im Modus des ständigen Rödeln wird man weniger aufmerksam, verliert Sensibilität – und ist mit großer Wahrscheinlichkeit auch weniger produktiv.

Der blinde Fleck der Vielbeschäftigung

Viele Beschäftigungen und ein permanent hohes Stresslevel erzeugen einen großen blinden Fleck. Denn durch die ständige Beschäftigung wird viel Arbeiten zum Zeichen für Produktivität und das ist ein großer Fehler. Viel Arbeit ist eben nicht gleich mit guter oder produktiver Arbeit. Wenn Sie permanent überarbeitet sind, dann ist das eher ein Zeichen für eine schlechte Produktivität. Was zählt denn am Ende des Tages? Die abgesessene Zeit? Die vielen Stunden im Büro? Wirklich wichtig ist doch eher die produktive Arbeit. Was erreichen Sie in welcher Zeit und welche Aufgaben erledigen Sie.

Vielbeschäftigung als Zeichen für Bedeutung oder Produktivität kommt aus der Praxis Arbeit in abgeleisteter Zeit zu messen. Arbeitszeit ist sicher ein wichtiger Indikator, der aber zunächst einmal wenig über die Ergebnisse verrät. Sie können viel arbeiten, ohne viel zu erreichen. Wenn Sie viel Zeit mit Multitasking verbringen oder mit ineffizienten Arbeitsabläufen, dann sind Sie zwar beschäftigt, aber nicht recht produktiv.

Ein anderer psychologischer Faktor spielt noch eine Rolle. Als Vielbeschäftigter leben Sie mit einem permanenten Stresslevel. Stress ist auf Dauer nicht nur ungesund, sondern verzerrt auch die Wahrnehmung. Sie lernen im permanenten Stresszustand weniger und büßen Ihre Selbstkontrolle ein. Dazu kommt der bekannte Tunnelblick. Im Stress sind Sie extrem auf eine Sache fokussiert. Das ist die evolutionäre Funktion einer Stressreaktion. Dabei geht der Blick für das Große Ganze schnell verloren. Und den brauchen Sie, wenn Sie nicht nur viel arbeiten, sondern auch produktiv sein möchten.

Wie Ihre Arbeit besser wird

What gets measured, gets managed.

Peter Drucker 1954: The Practice of Management

Es gibt einfache Wege, ihre Arbeit wieder zu verbessern und aus der Vielbeschäftigung herauszukommen. Am Anfang steht die bittere Erkenntnis, das man sich täuscht. Permanente Vielbeschäftigung ist eher ein Zeichen für schlechtes Selbstmanagement als ein Zeichen für Produktivität. Auch wenn es sich manchmal gut oder wichtig anfühlt ist es ein schlechten Zeichen, wenn Sie ständig überarbeitet sind.

Die entscheidende Frage ist eher, was für Sie produktive Arbeit ist? Wenn Sie diese Frage beantworten, sind Sie ein großes Stück weiter. Dann können Sie nämlich beginnen, produktiver zu werden. Zum Beispiel kann das im Selbstmanagement mit Visualisierungen geschehen. Oder Sie zählen ein bestimmtes Ergebnis Ihrer Arbeit. Was erreichen Sie in Ihrer Arbeitszeit, welchen Output haben Sie. Was es auch ist, Sie werden auf jeden Fall weniger gestresst sein, wenn Sie den Mythos der Vielbeschäftigung hinter sich lassen.